26.11.2021
Ruhige Wintermonate

Untergrund des historischen Münchens an der Hildegardstraße

Nachdem vom alten Fina-Parkhaus an der Hildegardstraße nur noch Erinnerungen vorzufinden sind, ist vorerst Ruhe auf der Baustelle eingekehrt. Dies wird auch noch bis Anfang 2022 so bleiben. Mandarin Oriental hat zwischenzeitlich erklärt, auf die Hotelerweiterung in dem künftigen Neubau an der Neuturmstraße zu verzichten. WÖHR + BAUER hat Mandarin Oriental ausbezahlt und ist damit der alleinige Investor. Als dieser planen wir derzeit um. Die Zeit wird genutzt, um ab Ende März 2022 bis Juli 2022 den Vorverbau herzustellen, um anschließend den unterirdischen Abbruch des ehemaligen Parkhauses bis Ende August 2022 durchzuführen. 

Ein Archäologen-Team hat den Boden untersucht und die ersten Funde dokumentiert:

Archäologie ist immer Teamwork vieler Beteiligter: Es wird zusammengearbeitet mit Maschinenführern der Baufirma, Vermessungstechnikern, Restauratoren, (Schrift-)historikern für die Archivarbeit, Archäozoologen für tierische Reste (Knochen) usw. Mit der Begleitung des Neubaus durch die archäologische Fachfirma ReVe – Büro für Archäologie wird das Bayerische Denkmalschutzgesetz umgesetzt, da die Projektbaustelle im Bereich eines Bodendenkmals liegt. Es wurden bauliche Reste dokumentiert, z.B. Mauern und Fundamente. Dabei werden die Mauern freigelegt und anschließend archäologisch freigeputzt. Im Anschluss werden sie fotographisch dokumentiert, tachymetrisch vermessen und beschrieben. Es werden Proben entnommen und Einzelfunde geborgen.

Der Untersuchungsbereich an der Projektbaustelle liegt außerhalb der spätmittelalterlich umwehrten Stadt. Im Bereich zwischen der Stadtmauer (um 1300) und der vorgelagerten Zwingermauer (ab 1470) gab es zwei Stadtbäche: Der östlich gelegene Stadtgrabenbach konnte im Verlauf der Untersuchungen entdeckt werden. Die genaue Lage war nicht bekannt, der Stadtgrabenbach wurde mehrfach verlagert und in seiner Breite verändert.

Im Jahr 1618 wurde östlich der Stadtbäche eine Bastion angelegt (das Bollwerk hinter dem Preußenhaus). Diese wurde mit der Aufhebung Münchens als Festungsstadt im späten 18. Jahrhundert mit Gartenanlagen und Häusern bebaut. Es konnte beispielsweise die Außenmauer des ehemaligen Anwesens in der Neuturmstraße 2 gefunden werden. Davon gibt es im Stadtarchiv noch das Bauaufmaß einzusehen. Es wurde in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts abgebrochen und in den Jahren 1881/82 wieder neu aufgebaut.

In den Lichtschächten der Außenmauer wurden verschiedene Kleinfunde gemacht: Man hat Murmeln und Perlen, kleine Zinnsoldaten und ein Spielzeugschiff von der Margarinemarke Sanella gefunden. Auch Fliegerabzeichen aus dem Ersten Weltkrieg, Parfümflaschen, Münzen und Fingerringe wurden gefunden, alle vornehmlich aus dem 19. und 20. Jahrhundert. In dem Bau war ein Kiosk ansässig, dessen zahlreiche Hinterlassenschaften nun nachgewiesen werden konnten.

Neue Aussicht an der HildegardstraßeFreifläche zwischen Kammerspiele und Mandarin OrientalDer Blick auf das Mandarin OrientalArchäologen untersuchen die alte StadtmauerArchäologen entdecken die Außenmauer des ehemaligen Anwesens in der Neuturmstraße 2Historisches Mauerwerk an der HildegardstraßeFundstücke: Murmeln und Perlen, kleine Zinnsoldaten und ein Spielzeugschiff von der Margarinemarke SanellaZeitgenössisches Foto: Ein Kiosk hinterlässt SpurenDer Plan zeigt die alten Mauern eines Kellergeschosses