Digitaler Talk
Stuttgart, mehr als Automotive
Welche Möglichkeiten bietet der Standort Stuttgart? In einem digital.talk erläutern Experten die Unanbhängigkeit von der Automobilindustrie.
Breites Wirtschaftscluster statt Automotive-Monokultur. Die Teilnehmer*innen des digitalen Heuer-Dialogs sind überzeugt, dass Stuttgart durch die bisher sehr einseitige Wahrnehmung völlig unterschätzt wird. Mit einer Vielfalt erfolgreicher Unternehmen in relevanten Zukunftsbranchen habe Stuttgart weitaus mehr zu bieten.
Im Rahmen der Reihe digital.talk hat Heuer zum Dialog am Donnerstag, den 8. Oktober Experten eingeladen, um das Potenzial des Standorts Stuttgart zu diskutieren. Das Fazit: Die geringe Leerstandsquote gepaart mit einer großen wirtschaftlichen Dynamik deuten auf großes Marktpotenzial hin.
Region Stuttgart erwirtschaftet 30% des BIP Baden-Württembergs
Frank Leukhardt, Regional Manager bei Colliers International Deutschland, präsentierte einige Kennzahlen, um mit einigen Vorurteilen über Stuttgart aufzuräumen. Beachtliche Zahlen liefert alleine schon die Einwohnerzahl der Region Stuttgart, die mit den fünf benachbarten Landkreisen 2,7 Millionen Einwohner zählt. Baden-Württemberg kann insgesamt ein Bruttoinlandsprodukt von rund 520 Milliarden Euro vorweisen. “30% davon werden in der Region Stuttgart bewegt”, so Leukhardt.
Neben Automotive dominieren die Bereiche High-Tech, IT, Wissenschaft, Consulting und Bauen in der Region. Zu nennen seien auch die Hidden Champions wie Kärcher, Würth und Stihl. “Wir haben auch einen sehr starken Finance-Bereich und haben in diesem Bereich zuletzt sehr große Ansiedlungen gesehen”, führte Leukhardt aus.
Ines Aufrecht, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart, hob die Bedeutung Stuttgarts als Finanzstandort hervor. Inzwischen sei Stuttgart der drittstärkste Finanzplatz in Deutschland und verfüge über die zweitgrößte Börse.
Darüber hinaus sei Stuttgart in den Zukunftstechnologien besonders erfolgreich: Mit Nanotechnologie, Raumfahrttechnik und Biotechnologie sei Stuttgart in vielen Zukunftsbranchen gut positioniert. Zu verdanken sei das auch dem Hochschulstandort mit seinen Forschungsabteilungen.
Leerstand von 0,9 Prozent in der Innenstadt
Derzeit habe Stuttgart einen Büroflächenbestand von ca. acht Millionen Quadratmetern.
Nur knapp die Hälfte dieser Fläche befindet sich in der Innenstadt. 53% liegen am Stadtrand – insbesondere im Norden und Süden.
Besondere Beachtung verdient die geringe Leerstandsquote von insgesamt nur zwei Prozent – in der Innenstadt liegt sie sogar unter einem Prozent. Der Leerstand ist in der Innenstadt so niedrig, weil Stuttgart weit unterdurchschnittliche Neubautätigkeiten aufweist.
“Da wird deutlich, dass der Stuttgarter Büromarkt noch eng ist”, betonte Leukhardt. Das zeigt sich auch, wenn man auf die im Bau befindlichen Objekte blickt. Heute seien bereits 85% der Flächen vermietet, die erst 2021 fertig werden.
Nur 15 Prozent der Neuvermietungen aus der Automotive-Branche
Überraschen können auch die Zahlen, die Leukhardt hinsichtlich der Verteilung der angemieteten Flächen unter den verschiedenen Wirtschaftsbranchen präsentierte. Colliers hat dazu die Anmietungen der vergangenen zehn Jahre den Branchen zugeordnet. Nur rund 15% der Flächen wurden demnach an Unternehmen aus dem Bereich Automotive vermietet. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass diese Unternehmen noch weit mehr Flächen im Bestand halten, die hier nicht mit berücksichtigt sind. Etwa das gleiche Volumen geht an Unternehmen aus dem Bereich IT. Auch die öffentliche Hand nimmt eine entsprechende Menge an Flächen ab. Mit nicht viel weniger schlägt die Consulting-Branche zu Buche.
Feuerbach im Kommen, Weilimdorf schon voll da
Eine sehr gute Entwicklung prognostiziert Leukhardt den Stadtteilen Vaihingen, Möhringen, Degerloch im Süden und Feuerbach, Zuffenhausen und Weilimdorf im Norden. Die Entfernungen in die Innenstadt sind von Norden wie Süden gleichermaßen kurz. Zuffenhausen erhält Impulse von Porsche, Weilimdorf etabliert sich mit Vector Informatik – auch im W9 der WÖHR + BAUER – als IT-Standort. Weilimdorf erhält zudem in naher Zukunft neben der S-Bahn einen U-Bahn-Anschluss, der die Erreichbarkeit weiter optimiert.
Es werde die nächsten Jahre insbesondere der Standort Feuerbach sein, wo durch den Wandel vom Produktionsstandort zum Dienstleistungsstandort sehr viel passieren wird, hebt Leukhardt hervor.
Die Mietpreise werden sich nach Meinung der Experten in Zukunft deutlich nach oben bewegen. Die Spitzenmiete liegt derzeit bei 25,50 €/qm. Die Durchschnittsmiete bei 16,80 €/qm. Colliers geht aber davon aus, dass man in der Innenstadt bei Neubauten auch deutlich höher vermieten kann. Besonders auffällig sei die deutliche Mietpreissteigerung im Bestand. In den letzten Jahren habe sich die Miete in den Teilmärkten um rund 50 Prozent erhöht. Hintergrund dafür sind laut Colliers die zahlreichen Revitalisierungen verbunden mit deutlichen Qualitätssteigerungen, die mangels geeigneter Neubauprojekte durchgeführt wurden.
Aber auch bei den Spitzenmieten sieht Leukhardt noch viel Luft nach oben. Im Vergleich zu den Metropolen des Landes habe Stuttgart mit 25,50 €/qm noch immer die rote Laterne. München und Berlin liege beispielsweise bei rund 40,00 €/qm, Hamburg sogar bei 45,50 €/qm.
75.000 qm Geschossfläche auf dem Wissenscampus
Viele Gründe für Wolfgang Roeck mit WÖHR + BAUER zum Sprung nach Stuttgart anzusetzen. Der Wirtschaftsraum erinnere ihn an München, erklärte er im digital.talk. Eine niedrige Leerstandsquote treffe auf viel Dynamik. Aus diesem Grunde habe sich WÖHR + BAUER im Jahr 2017 in Weilimdorf mehrere Areale gesichert. Sowohl das Gebäude mit der heutigen Hauptniederlassung in Stuttgart wie auch weitere Areale, die einen modernen Wissenscampus mit Freiflächen ermöglichen.
Mit dem Neubau des W9 in der Weissacher Straße 9, das im 3. Quartal 2021 fertiggestellt und an Vector Informatik übergeben wird, sowie der danach beginnenden Revitalisierung des W11, der heutigen Hauptniederlassung von Siemens in Stuttgart, finden Unternehmen aus dem Bereich der Zukunftstechnologien auf 75.000 qm Geschossfläche ideale Bedingungen.
Aus Sicht der WÖHR + BAUER braucht ein funktionierender Campus neben modernen Bürowelten auch den Flair weitläufiger Parklandschaften im Außenbereich. Die Architektur des heutigen W11 liefert dafür hervorragende Voraussetzungen. Mit 46.000 qm Geschossfläche auf 55.000 qm Grundfläche bietet das W11 Campus-Flair ohne Verdichtung. “Wir haben eine tolle Substanz gekauft, mit einer Architektur, die heute noch zeitgemäß ist”, betonte Roeck. Mit Wasserläufen und Grünanlagen haben wir Qualitäten im Außenbereich, die das Potenzial mitbringen, gelebte Campus-Atmosphäre zu schaffen.
“Stuttgart wird die Transformation meistern”
Um das Gelingen der Transformation der Region macht sich Wolfgang Roeck keine Sorgen. “Wir haben hervorragend ausgebildete Arbeitskräfte, wir haben die Universitäten, wir haben hervorragende Firmen. Das sind die besten Bedingungen um die Transformation zu meistern und weiterzugehen.”
Der Bestandshalter und Asset-Manager Emanuel Radits, Head of Transactions & Market Intelligence, alstria office REIT-AG stimmte der Runde zu, dass Stuttgart ein spannender Markt geworden sei. Das Hamburger Unternehmen ist vor fünf Jahren mit dem Projekt Daimler-Campus nach Stuttgart gekommen. Man spüre an den Mietpreisen, “dass die Dynamik viel, viel stärker geworden ist”, so Radits. Sein Unternehmen bewertet den Markt positiv: “Wir sind überzeugt, dass man in Stuttgart selektiv in urbanen Teilmärkten noch gut investieren kann”, so Radits. Den Stadtteil Weilimdorf hebt der Transaktions-Experte ausdrücklich hervor: “Wir sehen, das Weilimdorf, mittlerweile ein Informatik-Standort geworden ist.” Er erinnerte daran, dass der Standort nach dem Abschied von EY in den Jahren 2006 bis 2009 eine schwere Zeit hatte.
Büros nach Corona: Weniger Dichte
Durch die Corona-Pandemie befürchten die Experten langfristig keine negativen Folgen für den Büromarkt. “Es gibt eine gegenläufige Entwicklung”, erklärt Roeck. Es werde einerseits zusätzlichen Flächenbedarf geben, weil bei den Büroarbeitsplätzen mehr Abstand eingehalten werde, und es werde andererseits auch weniger Flächenbedarf geben, weil es man dem zunehmenden Bedarf an Homeoffice Rechnung tragen müsse, so Roeck.
Wolfgang Roeck prognostiziert durchaus eine Veränderung bei den Flächennutzungen. “Durch Corona hat man gesehen, dass Großraumbüros in den Hintergrund treten”, so Roeck. Flexible, teamorientierte Bürowelten mit Rückzugsorten seien gefragt.
Einen langfristigen Wandel zum permanenten Homeoffice kann sich Wolfgang Roeck nicht vorstellen. Er berichtet, dass sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter*innen feststellen, dass Remote-Work keine echte Alternative zur persönlichen Begegnung im Büro darstellt. “Ein Unternehmen lebt von der Präsenz seiner Mitarbeiter, sonst kommt kein Mehrwert zustande”, ist Roeck überzeugt.
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