22.01.2014
Ausstellungseröffnung

Ein Wahrzeichen öffnet den Stadtteil

Das große Besucherinteresse im Münchner Bauzentrum anlässlich der Präsentation der Wettbewerbsbeiträge für das WÖHR-BAUER-Projekt am Riemer Tower unterstrich den hohen Stellenwert, den die Menschen des Stadtteils dem Areal geben. Der 1992 stillgelegte Flughafen-Tower ist inzwischen ein Monolith auf weitem Feld und das letzte augenfällige Gebäude, das vom einstigen Münchner Flughafen übrig blieb.

Ein Flughafen ist seit jeher ein Ort mit einer besonderen Magie. Ein Platz an dem Menschen sich verlassen, kennenlernen und wiedersehen. Unter den Augen des Towers wachsen Hoffnungen – im wahrsten Sinne des Wortes – in den Himmel.

Die Tage, in denen der Tower ohne Funktion und melancholisch anmutend auf der Brache steht, sind nun gezählt. Nun soll die prominente städtebauliche Lücke im Einfahrtsbereich zur Messestadt endlich geschlossen werden. WÖHR + BAUER plant auf dem 13.000-Quadratmeter-Areal das neue Hauptquartier für das Technologieunternehmen Brainlab AG mit einer Geschossfläche von 23.400 Quadratmetern.

In Kooperation mit der LH München sind im Bauzentrum noch bis 24. Januar die Wettbewerbsbeiträge der beteiligten Architektenbüros zu besichtigen. Man sei sich der besonderen Verantwortung bewusst, die ein Projektentwickler an diesem prominenten Standort trage, erläuterte WÖHR + BAUER-Geschäftsführer Wolfgang Roeck bei der Präsentation der Ergebnisse. In der Schau werden daher nicht nur die Illustrationen der Preisträger gezeigt, sondern aller neun Bewerber zur öffentlichen Diskussion gestellt. Mit der Ausstellung will Roeck den Menschen im Stadtteil die Möglichkeit geben, bei diesem Großprojekt von Anfang an dabei zu sein.

„Wir sind glücklich, dass das Entree des Stadtteils Riem nach langer Zeit endlich realisiert wird“, betont Susanne Ritter, Stadtdirektorin im Planungsreferat der LH München, anlässlich der Ausstellungseröffnung. Die Fachpreisrichterin des Wettbewerbs hob die große Leistung der Architekturbüros hervor, die in nur zwei Monaten Bearbeitungszeit zu „kreativen Höchstleistungen aufgelaufen sind“. Planungsexpertin Ritter erläuterte vor den Stellwänden der Architekturvisionen, weshalb das Preisgericht einstimmig für den Entwurf des Büros kadawittfeldarchitektur votiert hatte.

Der Siegerentwurf der Aachener Architekten zeige vorbildlich, „wie man ein Baudenkmal bewahren und in die Moderne hinüberretten kann“. Mit einer souveränen baulichen Formulierung werde diesem Erbstück eine herausragende Position zugewiesen und gleichzeitig für den großen Stadtraum vor dem Messezugang ein nördlicher Abschluss formuliert, lobte Ritter die gelungene Integration des Towers. Die Visualisierung zeige, wie wirkungsvoll der Turm künftig aus südlicher Richtung als Solitär in Erscheinung tritt, während die Glasfassade bogenförmig über die Bürogeschoße hinweg den Tower wie ein transparentes Schild umrahmt. „Dieser Glasscreen bildet einen gelungenen Kontrast zur Lochfassade des Towers“, erläuterte Ritter.

Auch der Messesee wurde nach Ansicht der Jury vorbildlich integriert. „Das Thema Wasser wird in der Fassade durch Spiegelungen aufgegriffen. So wird der Tower in der Blickachse regelrecht zelebriert.“ Die Einbeziehung des Messesees in die Gestaltung erzeuge einen großzügigen Vorplatz, der auch in der Gliederung mit Wiesen, Pflanzflächen und Wasserfläche gut gelöst sei, so Ritter. Ebenso hat das Büro kadawittfeldarchitektur für die Nutzung des Towers Konzepte vorgelegt, die das Preisgericht überzeugten. In verschiedenen Zonen könnte Platz entstehen für vielfältige Nutzungen: von der Präsentationsfläche der Firmengeschichte über eine Entspannungsflächen bis hin zu einem Café mit Aussicht – doch auch, wenn dieses Thema die Besucher der Vernissage besonders interessierte, ist hier auch nach dem Wettbewerb noch alles offen. Die letzte Entscheidung bleibe allein Brainlab überlassen – dem künftigen Mieter, stellte WÖHR + BAUER Geschäftsführer Wolfgang Roeck klar.

Viel Interesse weckte während der Vorstellungsrunde auch der 3.Platz des Wettbewerbs: das Konzept des Münchner Büro Palais Mai. Die positive Reaktion der Betrachter wurde gefördert durch die Leidenschaft, mit der Architekt Peter Scheller die Ideen seines Büros skizzierte. „Hallo und Wiedersehen“ sei das Motto des Fassadenentwurfs, erläuterte Architekt Scheller. Ein Entwurf, der sich durch eine mutige Fassadengestaltung hervor tat. „Wir haben schon gemerkt, dass wir uns mit unserem Entwurf bei den Denkmalschützern nicht viele Freunde gemacht haben“, sagte Scheller bei der Erläuterung der komplex konstruierten Fassade. Vorgehängte Aluminiumkastenelemente mit Prallscheiben sollten die alte Towerkanzel zitieren und der Fassade durch ihre unterschiedlich ausgerichtete Winkelgeometrie eine hohe Plastizität verleihen. Stadtdirektorin Susanne Ritter bestätigte, dass der Entwurf in der Jury viele Fans hatte, die Ausgestaltung der Fassade mit dunkel gehaltenen Metallelementen einigen aber doch zu düster erschienen sei. Ein weiteres Handicap: Die erwarteten baulichen Kosten für diese Idee seien zu hoch erschienen.

Der 2.Platz, ein Entwurf von Allmann Sattler Wappner Architekten, hätte von der Formensprache auch gut in den Stadtteil gepasst. Das Münchner Büro hat unter anderem die Riem Arcaden gestaltet und kennt das Quartier entsprechend gut. Das Preisgericht lobte besonders das Lochfassadenkonzept, das Alt und Neu als Ganzes zusammenfügt. Die Anordnung der vertikalen Fenster mit versetzten Fensterlaibungen erzeuge eine sehr subtile Dynamik. Verstärkt wird diese Anmutung noch durch verschiedene Oberflächen – von matt bis reflektierend. Die Fassade tritt damit in einen spannungsvollen Dialog mit dem historischen Tower. Wenig Gegenliebe fand dieser Entwurf wiederum bei den Denkmalschützern. Durch den Abbruch von Treppenhaus und Decken wäre der Tower so entscheidend geschwächt worden, „dass dies zum Verlust der Denkmaleigenschaft führen könnte“, heißt es im Urteil des Preisgerichts. Auch die Idee im Außenbereich eine leichte Schräge einzubauen, fand wenig Anklang. Die Preisrichter befürchteten eine unglückliche Einengung im Ankunftsbereich.

Kaum war der Rundgang durch die Ausstellung beendet, reichten Besucher an Stehtischen mitgebrachte Fotos durch die Reihen; historische Aufnahmen, die in nostalgischen Erinnerungen von Ankünften und Abschieden am alten Flughafen schwelgen lassen. Die Bilder dokumentieren ein Kommen und Gehen von Fassadenfarben – und das Bröckeln des Putzes. Der Tower wurde zum Symbol für den Wandel des Stadtteils. Nun endlich scheint auch dieses zentrale Baudenkmal endlich angekommen zu sein.

Bis 24. Januar können Besucher sich ein Bild davon machen, wie der Tower in Zukunft zu einem lebendigen Stadtteil beitragen wird und seiner Rolle als Wahrzeichen eines urbanen Stadtteils gerecht wird. Täglich außer sonntags von 10 bis 19 Uhr.